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Interview mit Prof. Niklas Holzberg


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Niklas Holzberg lehrt seit 1983 als Professor für Klassische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Forschungsleistungen und Publikationen auf dem Gebiet der römischen Liebesdichtung sowie der griechischen Erzählprosa haben internationale Anerkennung gefunden.

Anna Peters: Guten Tag, Herr Professor Holzberg, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich zu diesem Interview bereit erklärt haben. Sie haben sich bereits international einen Namen gemacht. Wie schaffen Sie es, zusätzlich zu Ihrer Lehrtätigkeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München, noch so zahlreiche Bücher und Aufsätze zu verfassen?

Niklas Holzberg: Schreiben und das eng damit verbundene möglichst lebendige Vortragen ist meine einzige mir wirklich zusagende Freizeitbeschäftigung. Zwar nutze ich alle vier Jahre das Privileg des von der Lehre freien Forschungssemesters (allerdings habe ich in meinen frühen Jahren davon keinen Gebrauch gemacht), aber auch während des Semesters zwischen den Dozentenpflichten und während der vorlesungsfreien Zeit, die keineswegs frei ist von Universitätsarbeit, schreibe ich, wann immer Gelegenheit dazu ist. Das Ausformulieren meines letzten größeren Buches (über Horaz, München 2009) – ich mache das immer am Stück, nachdem ich mich längere Zeit vorher einschlägig „gebildet“ habe – z.B. begann ich in der zweiten Hälfte des Sommersemesters 2007 und beendete es im Laufe der anschließenden drei Monate vorlesungsfreier Zeit.

Anna Peters: Wie kam es dazu, dass Sie Altphilologe wurden?

Niklas Holzberg: Als Sohn einer sehr engagierten Buchhändlerin, die mit bekannten Autoren ihrer Zeit befreundet war und diese für Lesungen gewann, interessierte ich mich schon immer für Schöne Literatur. Zunächst wollte ich den Schwerpunkt meines Studiums auf die Germanistik legen, da ich aber einen Hang zum Zurückgehen bis auf die Ursprünge habe, landete ich zwangsläufig bei der Antike, an deren Literatur mich freilich nur die Genres interessieren, die auch z.B. Germanisten ausschließlich analysieren: Dichtung und fiktionale Prosa – also nicht Philosophie, Rhetorik und Geschichtsschreibung, die vielen Altphilologen viel bedeuten.

Anna Peters: Was fasziniert Sie an der antiken Literatur?

Niklas Holzberg: Wie schon angedeutet, das Ursprüngliche, Innovative, dadurch zwangsläufig noch eher Elementare, Schlichte und darum „Klassische“, das gleichwohl auf einer stupenden Meisterschaft im „Machen“ („Poesie“ kommt von Griechisch „poieîn“ machen) beruht. Ovids Metamorphosen – das ist eine Aneinanderreihung von Geschichten, die sicher an Komplexität, geistiger Aussage, zeitgeschichtlicher Relevanz etc. hinter modernen Novellensammlungen zurücksteht, aber formal und im Umgang mit den vorgegebenen Stoffen ist das Werk so „gekonnt“ gemacht, dass es nach wie vor zu den größten der Weltliteratur gehört.

Anna Peters: In Anbetracht der Tatsache, dass Sie eine umfangreiche Anzahl von Veröffentlichungen verbuchen können, bietet sich die Frage an, welcher Autor Ihnen besonders ans Herz gewachsen ist. Wen würden Sie als Ihren Lieblingsautor bezeichnen und weshalb?

Niklas Holzberg: Im Bereich der römischen Literatur sind es vor allem Horaz, Ovid und Martial, im Bereich der griechischen Aristophanes und Lukian. Habe ich da einen absoluten Favoriten? Wenn, dann Ovid als den Verfasser der Metamorphosen – warum, habe ich ja bereits erwähnt.

Anna Peters: Welche Rolle spielt die antike Literatur und Kultur Ihrer Meinung nach im heutigen Europa?

Niklas Holzberg: Ein sehr weites Feld. Hier einfach mal dies: Das ist wohl von Land zu Land verschieden. Bis zum Beginn der 60er Jahre des 20. Jh., als man noch ohne Graecum und Latinum nicht in Oxford studieren durfte, war der Einfluss der Antike auf die europäische Kultur noch dominant, speziell im Bereich der einzelnen Bildungssysteme. Das ist aber inzwischen sehr stark zurückgegangen, auch in den romanischen Ländern bzw. Griechenland. Kurioserweise ist in Deutschland das Interesse des gebildeten Laien an der Antike innerhalb Europas wohl noch am stärksten; jedenfalls sagten mir Kollegen in verschiedenen anderen Ländern des Kontinents und der U.S.A., dass sich Bücher wie die meinen dort nicht so gut verkaufen würden wie in Deutschland.

Anna Peters: Tatsächlich? Das ist wirklich bemerkenswert. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass gerade in Deutschland ein so großes Interesse an der Antike besteht? Vielleicht am Humboldt'schen Bildungsideal, das ja schließlich in Deutschland seinen Ursprung hat?

Niklas Holzberg: Das Humboldt’sche Bildungsideal dürfte heute keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Aber das an diese Tradition anknüpfende Gymnasialsystem räumt den Alten Sprachen nach wie vor einen bedeutenderen Platz im Fächerkanon ein, als das in vielen anderen Ländern, die einst ebenfalls Latein und Griechisch an Shüler vermitteln ließen, im 21. Jahrhundert noch der Fall ist. Außerdem erlebt speziell die Beschäftigung mit römischer Geschichte und Kultur in unserem Land zur Zeit geradezu einen Boom.

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Anna Peters: Herr Holzberg, ich danke Ihnen noch einmal für dieses Gespräch und hoffe, dass Sie noch viele lesenswerte Bände zur antiken Literatur verfassen werden!