ISBN | 3257071280 | |
Autor | Martin Walker | |
Verlag | Diogenes | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 448 | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Extras | - |
Bruno, der Dorfpolizist aus dem französischen Périgord, ist mit seinem 12. Fall inzwischen ein Veteran der Kriminalliteratur. Der Autor Martin Walker erzählt auch diese Geschichte routiniert und mit überbordender Liebe für die französische Kultur und Landschaft. Auch in diesem Fall muss Bruno sich mit einem Kapitalverbrechen befassen – dem Mord an einer amerikanischen Studentin der Kunstgeschichte. Der Fall bietet Walker die Möglichkeit, den verschiedenen Figuren sein umfassendes Wissen um die französische Geschichte in den Mund zu legen. Seine Einlassungen zu einzelnen Ortschaften und Schlössern laden dazu ein, selbst eine Reise in die Gegend zu unternehmen und den Kriminalfall von Bruno als Städteführer zu nutzen.
Oft wird dem Autor und seinem Protagonisten vorgeworfen, zu seichte und wenig innovative Kriminalfälle zu bieten. Doch wer harte, düstere und verwickelte Fälle lesen möchte, sollte zu den skandinavischen Autoren greifen. Die Reihe rund um Bruno bietet ein wenig Nervenkitzel, ein wenig Spannung – wie bei einem gut gestellten Kreuzworträtsel. Hauptsächlich aber bietet die Reihe eine sanft dahinplätschernde Darstellung französischer Lebenskunst, geschichtlicher Exkurse, gewürzt mit Rezepten des Périgord und mit einem Personal, das sich im Laufe der Fälle in keinster Weise weiterentwickelt. Bruno bleibt dauerhaft der redliche und aufrechte Ordnungshüter, der privat zwischen verschiedenen Liaisons dahin laviert und entscheidungsschwach ohne feste Beziehung bleibt. Die treue Leserin wünscht ihm zwar endlich eine feste Beziehung, doch ist dieses Setting ein Baustein der Bruno-Reihe, den der Autor sicher erst in Brunos letztem Fall verändern wird. Der Autor ist in der Lage, mit seiner eleganten Sprache und eingestreuten französischen Begriffen ein Périgord-Feeling zu transportieren, das seine Begeisterung überträgt. Wer diese sanfte Lektüre schätzt, in der es von allem ein bisschen gibt, wird auch von diesem Band nicht enttäuscht.
Der 12. Fall nun führt Bruno, der selbst geschichtlich interessiert ist, in die Nachkriegszeit und in die Zeiten des Algerienkriegs. Eine amerikanische Doktorandin der Kunstgeschichte studierte die private Sammlung eines Kunstprofessors des Louvre und wird von Bruno eher zufällig tot aus einem Brunnenschacht geborgen. Wie so oft bei Walker nimmt der Aufbau des Plots fast Dreiviertel des Buches ein und erst gegen Ende ist überhaupt klar, ob es sich um einen Unfall oder um Mord handelt. Schon immer etwas überzogen wirkt der Einbezug höchster französischer Geheimdienste und Politik, sowie diesmal auch wieder amerikanischer Privatdetektive und FBI-Agenten. Bruno agiert wie immer geschickt, ist im großen Spiel ebenso zuhause wie bei der morgendlichen Dienstrunde über den Marktplatz. Geschickt eingestreute Puzzleteile fügen sich am Ende zu einem Bild zusammen, das einen Mord aus Gründen der Sicherung einer Erbschaft erscheinen lässt. Auch in der Welt von Bruno ist jedoch nicht alles schwarz und weiß – wenngleich fast nahezu alles. Die Erbschaft jedoch resultiert aus einer Familiengeschichte, in der weit zurückreichende Schuld über Generationen hinfort wirkt. Unterdrückter Hass und ungesühnte Ungerechtigkeit ist auch in der Realität oft Motor schändlicher Taten.
Erstaunlich ist die von Walker vorgestellte französische Lebensart und Gastfreundschaft, bei der es selbstverständlich erscheint, dass der ermittelnde Polizeibeamte die trauernde Mutter der Ermordeten bei sich zuhause im Kreis weiterer Gäste bewirtet. In Deutschland in dieser Form sicher nicht denkbar.
Der 12. Fall von Bruno ist auch eigenständig lesbar, doch wer sich eine ausgewogene stilistisch, ausgefeilte, wenngleich sanfte Kriminallektüre gönnen möchte, liest am besten gleich die ganze Reihe.
geschrieben am 15.05.2020 | 531 Wörter | 3280 Zeichen
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