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My dear Krauts - Wie ich die Deutschen entdeckte


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Rezension von

Anna Kneisel

My dear Krauts - Wie ich die Deutschen entdeckte „Bissig, humorvoll und fast ohne Vorurteile“, so preist der Klappentext das Machwerk von Roger Boyes an. Das Cover mit einer Darstellung des Ich-Erzählers, der um den Berliner Fernsehturm joggenderweise seine Runden dreht, verspricht eine modernisierte Sichtweise eines Engländers auf Deutschland. Und auch der zusätzliche Papierstreifen mit Zitat lässt auf vergnügliche Anekdoten über deutsche Eigen- und Unarten hoffen: „Plötzlich kreuzte ein Exemplar des modernen deutschen Heldentums unseren Weg: der Fahrrad-Fascho. Grüner Helm, orangefarbene Outdoor-Jacke, enge glänzende Hose. Man roch, dass er gerade 40 Kilometer durch den Wald gebraust und unterwegs ins Büro war, wo er seine Uniform hemmungslos weiter tragen würde. Als ich hörte, wie der Müllwagen sein Rad zermalmte, huschte ein leichtes Lächeln über meine Lippen.“ Aber: die Hoffnung trügt, damit hat Boyes sein Pulver schon (fast) verschossen. Eigentlich fängt der gewollt gesellschaftskritisch-satirische Roman, um solch einen handelt es sich hier wohl, recht amüsant an. Der Erzähler kommt zurück aus England, wird von seinen Kollegen Harry und Tony abgeholt, nachdem er recht detailreich die Passkontrolle durch einen dichterartigen "Durchwinker" und seinen toastbrotartig gewellten Pass beschrieben hat. Die drei Journalisten werden von einem Taxifahrer mit Berliner Schnauze angefahren, nachdem ihr Navigationssystem eine Diskussion über Margaret Thatcher und ihre Politik ausgelöst hat, klingt das Navi doch genauso schneidig wie „Maggie“. Der Unfallverursacher macht sich aus dem Staub, die Journalisten jagen einem angeblichen Hitlerbild hinterher. Und hier beginnt auch schon das Unglück. Zwischen den Sorgen um seinen alternden Kriegsveteranen-Vater, Heiratsabsichten aus finanziellen Gründen und infolge dieser gründlich schieflaufenden amourösen Abenteuern mit „Germaninnen“ taucht immer wieder das Schlagwort Hitler auf. Mal ist es Hitlers Kellner, der klären soll, ob „der Führer“ nun Vegetarier war oder nicht, mal sind es seine Zahnbürsten... der Versuch, die Schulung des Erinnerungsmuskels der Deutschen aufs Korn zu nehmen, scheitert daran, dass einem beim Lesen das Lachen recht schnell vergeht. Denn in Großbritannien sieht man die Deutschen noch immer auf diese Weise, aber es ist überhaupt nicht lustig, darüber zu lesen, wie beim Soldatentreffen Engländer und Deutsche nur deshalb nicht aufeinander losgehen, weil der Erzähler einen Feueralarm auslöst. Überhaupt macht Boyes' Erzähler, der einige biografische Ähnlichkeiten mit seinem Schöpfer aufweist, alles andere als eine gute Figur. Sicher – das ist beabsichtigt, aber an die Selbstironie eines Horst Evers kommt er mit seinem Schreibstil bei weitem nicht heran. Einige gute Ansätze sind dabei, aber das reicht nun einmal nicht. Es handelt sich hier eher um einen Plot von Rosamunde Pilcher, die der Erzähler anscheinend auch nicht gerade verehrt, versetzt mit einer Sammlung diverser kolumnenhafter Anekdoten aus dem Leben eines Berliner Engländers. Ich bin mehr als enttäuscht über das abgegriffene Bild, das Boyes hier von den Deutschen entwirft. Es geht auch anders. So bewiesen von Asli Sevindim mit "Candlelight Döner" und auch Jan Weiler mit "Maria ihm schmeckts nicht".

„Bissig, humorvoll und fast ohne Vorurteile“, so preist der Klappentext das Machwerk von Roger Boyes an. Das Cover mit einer Darstellung des Ich-Erzählers, der um den Berliner Fernsehturm joggenderweise seine Runden dreht, verspricht eine modernisierte Sichtweise eines Engländers auf Deutschland. Und auch der zusätzliche Papierstreifen mit Zitat lässt auf vergnügliche Anekdoten über deutsche Eigen- und Unarten hoffen:

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„Plötzlich kreuzte ein Exemplar des modernen deutschen Heldentums unseren Weg: der Fahrrad-Fascho. Grüner Helm, orangefarbene Outdoor-Jacke, enge glänzende Hose. Man roch, dass er gerade 40 Kilometer durch den Wald gebraust und unterwegs ins Büro war, wo er seine Uniform hemmungslos weiter tragen würde. Als ich hörte, wie der Müllwagen sein Rad zermalmte, huschte ein leichtes Lächeln über meine Lippen.“

Aber: die Hoffnung trügt, damit hat Boyes sein Pulver schon (fast) verschossen. Eigentlich fängt der gewollt gesellschaftskritisch-satirische Roman, um solch einen handelt es sich hier wohl, recht amüsant an.

Der Erzähler kommt zurück aus England, wird von seinen Kollegen Harry und Tony abgeholt, nachdem er recht detailreich die Passkontrolle durch einen dichterartigen "Durchwinker" und seinen toastbrotartig gewellten Pass beschrieben hat. Die drei Journalisten werden von einem Taxifahrer mit Berliner Schnauze angefahren, nachdem ihr Navigationssystem eine Diskussion über Margaret Thatcher und ihre Politik ausgelöst hat, klingt das Navi doch genauso schneidig wie „Maggie“. Der Unfallverursacher macht sich aus dem Staub, die Journalisten jagen einem angeblichen Hitlerbild hinterher. Und hier beginnt auch schon das Unglück. Zwischen den Sorgen um seinen alternden Kriegsveteranen-Vater, Heiratsabsichten aus finanziellen Gründen und infolge dieser gründlich schieflaufenden amourösen Abenteuern mit „Germaninnen“ taucht immer wieder das Schlagwort Hitler auf. Mal ist es Hitlers Kellner, der klären soll, ob „der Führer“ nun Vegetarier war oder nicht, mal sind es seine Zahnbürsten... der Versuch, die Schulung des Erinnerungsmuskels der Deutschen aufs Korn zu nehmen, scheitert daran, dass einem beim Lesen das Lachen recht schnell vergeht. Denn in Großbritannien sieht man die Deutschen noch immer auf diese Weise, aber es ist überhaupt nicht lustig, darüber zu lesen, wie beim Soldatentreffen Engländer und Deutsche nur deshalb nicht aufeinander losgehen, weil der Erzähler einen Feueralarm auslöst. Überhaupt macht Boyes' Erzähler, der einige biografische Ähnlichkeiten mit seinem Schöpfer aufweist, alles andere als eine gute Figur. Sicher – das ist beabsichtigt, aber an die Selbstironie eines Horst Evers kommt er mit seinem Schreibstil bei weitem nicht heran. Einige gute Ansätze sind dabei, aber das reicht nun einmal nicht. Es handelt sich hier eher um einen Plot von Rosamunde Pilcher, die der Erzähler anscheinend auch nicht gerade verehrt, versetzt mit einer Sammlung diverser kolumnenhafter Anekdoten aus dem Leben eines Berliner Engländers.

Ich bin mehr als enttäuscht über das abgegriffene Bild, das Boyes hier von den Deutschen entwirft. Es geht auch anders. So bewiesen von Asli Sevindim mit "Candlelight Döner" und auch Jan Weiler mit "Maria ihm schmeckts nicht".

geschrieben am 10.04.2009 | 457 Wörter | 2832 Zeichen

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