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Adlige Lebenswelten im Rheinland


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Adlige Lebenswelten im Rheinland Der Adel spielte in der FrĂŒhen Neuzeit fĂŒr seine Umwelt eine maßgebliche Rolle. Denn das Adelshaus war umfassendes Zentrum seines Herrschaftsgebietes: politisch, wirtschaftlich und kulturell. Daher ist es so bedeutsam und aufschlussreich, Originalquellen des Adels zugĂ€nglich zu machen. Dies tut der Band Adlige Lebenswelten im Rheinland. Ausgehend von ĂŒber 80 Archivalien werden unterschiedlichste Facetten adliger Lebenswelten im Ancien RĂ©gime vorgestellt. Exemplarisch ausgewĂ€hlt wurden von den Herausgebern Gudrun Gersmann und Hans-Werner Langbrandtner unter vielen anderen Texten ein Heiratsvertrag, die Kosten einer Kavalierstour, ein Testament und weitere Quellen zur ReprĂ€sentation, Traditionspflege und Hoheitsrechten. Forschung und Literatur zum Adel sind zur Zeit en vogue. Der vorliegende Band, der die rheinische Adelsgeschichte aus der Perspektive des Niederadels ergĂ€nzt, fĂŒllt eine LĂŒcke, weil er zahlreiche Originaltexte publiziert. Er erzĂ€hlt mithin nicht quasi aus zweiter Hand etwas ĂŒber die Lebensgewohnheiten des Adels, sondern lĂ€sst Einblicke zu. Durch die Zusammenarbeit der Vereinigten Adelsarchive im Rheinland mit dem Historischen Seminar der UniversitĂ€t zu Köln konnten aus den familiĂ€ren Adelsarchiven SchĂ€tze gehoben werden. Sie sind nicht nur fĂŒr universitĂ€re Forschung und Lehre von Bedeutung, sondern weit darĂŒber hinaus fĂŒr die Selbstfindung einer irritierten Nationalkultur. FĂŒr Distanz und Einbettung der Quelltexte sorgt jeweils ein ausfĂŒhrlicher Kommentar. Der Leser erfĂ€hrt beispielsweise, dass es kein Zufall ist, warum der Tod vieler Adliger in den zeitgenössischen Berichten auf drei Uhr nachmittags datiert wurde: »Das Sterben des betroffenen Adligen genau in der Sterbestunde Christi sollte durch diese Form der Darstellung eine Erhöhung und ‚Aufwertung‘ erfahren, die wiederum auf seine Nachfahren zurĂŒckstrahlte.« Aufschlussreich ist pars pro toto die in dem umfangreichen Band abgedruckte Rechnung ĂŒber den Aufenthalt des Franz Joseph Freiherr Wolff Metternich zur Gracht in Leiden im Jahr 1729. Seine Kavalierstour war die höfische Bildungsreise, eine im Leben eines jungen Adligen im 17. und 18. Jahrhundert wichtige Etappe der standesgemĂ€ĂŸen und umfassenden Erziehung. Üblich war sie im gesamten Adel Europas. Sie diente dem Erwerb von Bildung und Lebenserfahrung. Üblich war es, sie zu absolvieren in den letzten Jahren des Studiums oder auch das Studium wĂ€hrend der Grand Tour zu beenden. Wichtige Aspekte der Tour waren auch, die finanziellen Ressourcen richtig einzuschĂ€tzen und sich sozialen Feinschliff anzueignen, schreiben Martin Braun und Monika Gussone. Ebenso aufschlussreich ist eine Inventarliste aus dem Jahr 1769. Sie enthĂ€lt sĂ€mtliche grĂ¶ĂŸeren StĂŒcke von Schloss und Hof. Da der Hausverwalter mit einer anderen Aufgabe betraut wurde, ließ Freiherr von und zu Gymnich den gesamten Hausrat inventarisieren. Aufgezeichnet wurde das Mobiliar einschließlich Bettzeug, Spiegel, Uhren und Feuerstellen. Die Liste vermittelt ein greifbares Bild ĂŒber die unmittelbaren LebensumstĂ€nde. Auch hier ein ausfĂŒhrlicher Kommentar, der sogar die einzelnen inventarisierten GegenstĂ€nde in ihrer FunktionalitĂ€t erlĂ€utert. Der Band legt Zeugnis von der gelungenen Kooperation zwischen Adelsverband und der UniversitĂ€t zu Köln. Er ist eine profunde und sorgfĂ€ltig ausgewĂ€hlte Quellensammlung, die der zukĂŒnftigen Lehre und anderen Interessierten den Weg ebnet.

Der Adel spielte in der FrĂŒhen Neuzeit fĂŒr seine Umwelt eine maßgebliche Rolle. Denn das Adelshaus war umfassendes Zentrum seines Herrschaftsgebietes: politisch, wirtschaftlich und kulturell. Daher ist es so bedeutsam und aufschlussreich, Originalquellen des Adels zugĂ€nglich zu machen. Dies tut der Band Adlige Lebenswelten im Rheinland. Ausgehend von ĂŒber 80 Archivalien werden unterschiedlichste Facetten adliger Lebenswelten im Ancien RĂ©gime vorgestellt.

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Exemplarisch ausgewÀhlt wurden von den Herausgebern Gudrun Gersmann und Hans-Werner Langbrandtner unter vielen anderen Texten ein Heiratsvertrag, die Kosten einer Kavalierstour, ein Testament und weitere Quellen zur ReprÀsentation, Traditionspflege und Hoheitsrechten.

Forschung und Literatur zum Adel sind zur Zeit en vogue. Der vorliegende Band, der die rheinische Adelsgeschichte aus der Perspektive des Niederadels ergĂ€nzt, fĂŒllt eine LĂŒcke, weil er zahlreiche Originaltexte publiziert. Er erzĂ€hlt mithin nicht quasi aus zweiter Hand etwas ĂŒber die Lebensgewohnheiten des Adels, sondern lĂ€sst Einblicke zu. Durch die Zusammenarbeit der Vereinigten Adelsarchive im Rheinland mit dem Historischen Seminar der UniversitĂ€t zu Köln konnten aus den familiĂ€ren Adelsarchiven SchĂ€tze gehoben werden. Sie sind nicht nur fĂŒr universitĂ€re Forschung und Lehre von Bedeutung, sondern weit darĂŒber hinaus fĂŒr die Selbstfindung einer irritierten Nationalkultur.

FĂŒr Distanz und Einbettung der Quelltexte sorgt jeweils ein ausfĂŒhrlicher Kommentar. Der Leser erfĂ€hrt beispielsweise, dass es kein Zufall ist, warum der Tod vieler Adliger in den zeitgenössischen Berichten auf drei Uhr nachmittags datiert wurde: »Das Sterben des betroffenen Adligen genau in der Sterbestunde Christi sollte durch diese Form der Darstellung eine Erhöhung und ‚Aufwertung‘ erfahren, die wiederum auf seine Nachfahren zurĂŒckstrahlte.«

Aufschlussreich ist pars pro toto die in dem umfangreichen Band abgedruckte Rechnung ĂŒber den Aufenthalt des Franz Joseph Freiherr Wolff Metternich zur Gracht in Leiden im Jahr 1729. Seine Kavalierstour war die höfische Bildungsreise, eine im Leben eines jungen Adligen im 17. und 18. Jahrhundert wichtige Etappe der standesgemĂ€ĂŸen und umfassenden Erziehung. Üblich war sie im gesamten Adel Europas. Sie diente dem Erwerb von Bildung und Lebenserfahrung. Üblich war es, sie zu absolvieren in den letzten Jahren des Studiums oder auch das Studium wĂ€hrend der Grand Tour zu beenden. Wichtige Aspekte der Tour waren auch, die finanziellen Ressourcen richtig einzuschĂ€tzen und sich sozialen Feinschliff anzueignen, schreiben Martin Braun und Monika Gussone.

Ebenso aufschlussreich ist eine Inventarliste aus dem Jahr 1769. Sie enthĂ€lt sĂ€mtliche grĂ¶ĂŸeren StĂŒcke von Schloss und Hof. Da der Hausverwalter mit einer anderen Aufgabe betraut wurde, ließ Freiherr von und zu Gymnich den gesamten Hausrat inventarisieren. Aufgezeichnet wurde das Mobiliar einschließlich Bettzeug, Spiegel, Uhren und Feuerstellen. Die Liste vermittelt ein greifbares Bild ĂŒber die unmittelbaren LebensumstĂ€nde. Auch hier ein ausfĂŒhrlicher Kommentar, der sogar die einzelnen inventarisierten GegenstĂ€nde in ihrer FunktionalitĂ€t erlĂ€utert.

Der Band legt Zeugnis von der gelungenen Kooperation zwischen Adelsverband und der UniversitĂ€t zu Köln. Er ist eine profunde und sorgfĂ€ltig ausgewĂ€hlte Quellensammlung, die der zukĂŒnftigen Lehre und anderen Interessierten den Weg ebnet.

geschrieben am 29.01.2010 | 463 Wörter | 3003 Zeichen

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