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Anna Karenina


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Rezension von

Ragan Tanger

Anna Karenina Ein steter Quell literarischen Glücks So wie das Auge am Essen teilnimmt, so werden auch die Ohren beim Lesen jedes Mal zum Mithören aufgefordert. Die Schtscherbazkijs sind so ein besonderer Fall zum Mithören. Keine Sorge, es ist noch niemandem auf Anhieb gelungen, diesen Familiennamen richtig auszusprechen, auch nicht sich diesem wenigstens nur einmal im inneren Dialog anzunähern. Durch diesen fremden, exotischen linguistischen Touch weiß man aber wenigstens gleich, wo man sich befindet und welche Regeln dort gelten. Das zaristische Russland des 19. Jahrhunderts, meisterhaft portraitiert von Leo Tolstoi in seinem weltberühmten Epos, welches die adeligen Familien dieses Landes und seine Moral- und Sittenverderbtheit in den Mittelpunkt stellt. Und eine der fünf wichtigsten Familienclans in diesem Roman sind nun mal die Schtscherbazkijs. So weiß man, woran man ist, auch wenn man es nicht auszusprechen vermag. Eine andere Familie sind die Kareninas, in der eben auch Anna Arkadjewna Karenina ihren Platz einnimmt und einen der Mittelpunkte dieser Geschichte bildet; zunähcst schildert Tolstoi ihre zum Grafen Wronski aufflammende Leidenschaft, die, wie so oft in russischen Erzählungen, aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen ins Unglück führen muss. Die Geschichte einer Frau, die ihren Mann und ihre Kinder für den Geliebten verlässt und schlussendlich verzweifelt - ein sittlicher Überbau, der Leo Tolstoi als leidenschaftlichem Kritiker der Moderne sowieso zu Eigen ist. Das Spannende dabei: Auch sein eigenes Familienleben bietet reichlich Stoff für Verfehlungen. Vielleicht ist Tolstoi auch deshalb ein so tief wirkender Romanzyklus gelungen, der in acht Teile gegliedert ist. In herrlich epischer Dichter breitet Tolstoi eine ganze Gesellschaftsschicht vor den Lesern aus, eine in dieser Tiefe und Genauigkeit nur den großen russischen Erzählern vorbehaltene Könnerschaft. Denn die bohrende Kritik und die niemals nachlassende Strenge mit den menschlichen Verhaltensweisen seiner Zeit zeichnen diese Werke, und jenes hier in Besonderem, aus. Die Fähigkeit des Autors, den Leser genauestens über die Charakterisierung der Protagonisten zu informieren, und gleichzeitig Themen seiner Zeit wie Landreform oder die politische Ausrichtung Russlands zu behandeln, zeugen von größter Kunstfertigkeit; und ganz nebenbei sind die Inhalte, politisch wie gesellschaftlich, auch heute noch beachtenswert. Und das ist nicht einfach nur so dahin gesagt, sondern offensichtlich. Fünf Jahre hat Tolstoi an diesem Werk geschrieben und sich somit in Russland unsterblich gemacht. Ende des Jahres 2010 gedachte man dem großen Erzähler an seinem hundertsten Todestag, zahlreiche Neuauflagen und -editionen waren die Folge. Die hier vorliegende aus dem Diogenes-Verlag ist klassisch und gut, wie man es aus dem Schweizer Haus kennt. Garniert mit einem Nachwort von Egon Friedell und mit einem Schriftbild, das ganz offensichtlich den Satz und die Lettern von vor fünfzig Jahren übernommen hat. Das gibt dem Band etwas Antiquarisches, was ja auch dieser Erzählung gerecht wird, doch an einigen Stellen sind manche Buchstaben, so wie man das in alten Büchern der Vor- und Nachkriegszeit öfter sah, verzerrt oder nicht richtig fett gedruckt. Es bleibt nur zu vermuten, aber das ist wohl ein Clou, dass weniger die Kosten des neuen Satzes für die Beibehaltung des Alten verantwortlich waren, als die Romantik, so dem Inhalt gerechter zu werden. Zusammenfassung: Liebesgeschichte trifft Gesellschaftsportrait, herauskommt einer der wichtigsten Romane des 19. Jahrhunderts, aufgelegt in einem der besten Verlage der Moderne. Unprätentiös, großartig, zeitlos. Für diejenigen, die noch nicht wissen und die weiter wollen, sei ein Griff in Diogenes Klassikkiste wärmstens zu empfehlen.

Ein steter Quell literarischen Glücks

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So wie das Auge am Essen teilnimmt, so werden auch die Ohren beim Lesen jedes Mal zum Mithören aufgefordert. Die Schtscherbazkijs sind so ein besonderer Fall zum Mithören. Keine Sorge, es ist noch niemandem auf Anhieb gelungen, diesen Familiennamen richtig auszusprechen, auch nicht sich diesem wenigstens nur einmal im inneren Dialog anzunähern. Durch diesen fremden, exotischen linguistischen Touch weiß man aber wenigstens gleich, wo man sich befindet und welche Regeln dort gelten. Das zaristische Russland des 19. Jahrhunderts, meisterhaft portraitiert von Leo Tolstoi in seinem weltberühmten Epos, welches die adeligen Familien dieses Landes und seine Moral- und Sittenverderbtheit in den Mittelpunkt stellt. Und eine der fünf wichtigsten Familienclans in diesem Roman sind nun mal die Schtscherbazkijs. So weiß man, woran man ist, auch wenn man es nicht auszusprechen vermag.

Eine andere Familie sind die Kareninas, in der eben auch Anna Arkadjewna Karenina ihren Platz einnimmt und einen der Mittelpunkte dieser Geschichte bildet; zunähcst schildert Tolstoi ihre zum Grafen Wronski aufflammende Leidenschaft, die, wie so oft in russischen Erzählungen, aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen ins Unglück führen muss. Die Geschichte einer Frau, die ihren Mann und ihre Kinder für den Geliebten verlässt und schlussendlich verzweifelt - ein sittlicher Überbau, der Leo Tolstoi als leidenschaftlichem Kritiker der Moderne sowieso zu Eigen ist. Das Spannende dabei: Auch sein eigenes Familienleben bietet reichlich Stoff für Verfehlungen. Vielleicht ist Tolstoi auch deshalb ein so tief wirkender Romanzyklus gelungen, der in acht Teile gegliedert ist.

In herrlich epischer Dichter breitet Tolstoi eine ganze Gesellschaftsschicht vor den Lesern aus, eine in dieser Tiefe und Genauigkeit nur den großen russischen Erzählern vorbehaltene Könnerschaft. Denn die bohrende Kritik und die niemals nachlassende Strenge mit den menschlichen Verhaltensweisen seiner Zeit zeichnen diese Werke, und jenes hier in Besonderem, aus. Die Fähigkeit des Autors, den Leser genauestens über die Charakterisierung der Protagonisten zu informieren, und gleichzeitig Themen seiner Zeit wie Landreform oder die politische Ausrichtung Russlands zu behandeln, zeugen von größter Kunstfertigkeit; und ganz nebenbei sind die Inhalte, politisch wie gesellschaftlich, auch heute noch beachtenswert. Und das ist nicht einfach nur so dahin gesagt, sondern offensichtlich.

Fünf Jahre hat Tolstoi an diesem Werk geschrieben und sich somit in Russland unsterblich gemacht. Ende des Jahres 2010 gedachte man dem großen Erzähler an seinem hundertsten Todestag, zahlreiche Neuauflagen und -editionen waren die Folge. Die hier vorliegende aus dem Diogenes-Verlag ist klassisch und gut, wie man es aus dem Schweizer Haus kennt. Garniert mit einem Nachwort von Egon Friedell und mit einem Schriftbild, das ganz offensichtlich den Satz und die Lettern von vor fünfzig Jahren übernommen hat. Das gibt dem Band etwas Antiquarisches, was ja auch dieser Erzählung gerecht wird, doch an einigen Stellen sind manche Buchstaben, so wie man das in alten Büchern der Vor- und Nachkriegszeit öfter sah, verzerrt oder nicht richtig fett gedruckt. Es bleibt nur zu vermuten, aber das ist wohl ein Clou, dass weniger die Kosten des neuen Satzes für die Beibehaltung des Alten verantwortlich waren, als die Romantik, so dem Inhalt gerechter zu werden.

Zusammenfassung: Liebesgeschichte trifft Gesellschaftsportrait, herauskommt einer der wichtigsten Romane des 19. Jahrhunderts, aufgelegt in einem der besten Verlage der Moderne. Unprätentiös, großartig, zeitlos. Für diejenigen, die noch nicht wissen und die weiter wollen, sei ein Griff in Diogenes Klassikkiste wärmstens zu empfehlen.

geschrieben am 01.07.2011 | 541 Wörter | 3275 Zeichen

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