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Strafprozessordnung


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Strafprozessordnung Bald 2900 Seiten machen den Heidelberger Kommentar zur StPO zu einem beachtlichen und auch gewichtigen Begleiter in der täglichen strafrechtlichen Praxis. Die nun erfolgte Hinzunahme ausgesuchter GVG-Vorschriften in die Kommentierung ist ein wichtiger Baustein, um gegen Konkurrenzwerke zu bestehen - immerhin findet man etwa im Meyer-Goßner nicht nur das GVG, sondern auch noch das StrEG oder die EMRK (u.a.). Letztere ist im vorliegenden Kommentar immerhin an passender Stelle in den Kommentierungen ausführlich erwähnt (vgl. nur § 136a, Rn. 10 ff.). Das Bearbeiterteam ist weiterhin breit gefächert und ausgewogen und besteht aus Autoren der Justiz, der Wissenschaft und der Anwaltschaft. Seit der letzten Auflage vor drei Jahren sind nicht nur zahlreiche neue Entscheidungen ergangen, die eingepflegt werden mussten, sondern gerade die StPO war mit Neuerungen im Untersuchungshaftrecht und bei Opferschutznormen einem durchaus merkbaren Wandel unterworfen, den die Autoren entsprechend abgebildet haben. Gleiches gilt für die Normen der Verfahrensabsprache, die mittlerweile in der Rechtsprechung eine wesentlich restriktivere Auslegung als ursprünglich erwartet erfahren haben (schön z.B. die Darstellung der Grenzen und Folgen der Absprache im Zwischenverfahren, § 202a, Rn. 9 ff.). Die Gestaltung des Kommentars ist akzeptabel, wenngleich die Lektüre durch äußere Umstände ein wenig erschwert wird: die Seiten sind, der Stoffmenge geschuldet, recht dünn, sodass die Schrift beim Lesen als dunkler Schatten oder Balken durchscheint. Man gewöhnt sich daran, aber optimal ist das technisch nicht gelöst. Die Texte an sich sind aber gut gegliedert und mit Hervorhebungen versehen. Einen echten Fußnotenapparat gibt es aber nicht, die Verweise werden leseunfreundlich in den Text hineinplatziert. Komfortabel wäre es, wenn in den jeweiligen Unterabschnitten zu Anträgen und Rechtsbehelfen neben den theoretischen Ausführungen auch Antragsvorschläge oder Tenorierungsbeispiele stünden. Ansatzweise geschieht das bei § 344 StPO bei der Sachrüge, aber im Übrigen besteht hier definitiv Luft nach oben, z.B. durch Beigabe einer CD-Rom, wenn denn schon neuerdings die AnwaltFormulare Strafrecht auch im C.F. Müller-Verlag erscheinen. Aus den Kommentierungen sollen nunmehr einige Normen herausgegriffen werden, denn an der guten Nutzbarkeit und veritablen Tiefe der Ausführungen in diesem Kommentar bestehen natürlich keine Zweifel. Lesenswert erscheinen mir zunächst die Ausführungen zum Verschulden beim Wiedereinsetzungsantrag (§ 44, Rn. 15 ff.). Hier werden nicht nur die Versäumnisse der Behörde bzw. des Verteidigers aufgeführt, sondern auch die Obliegenheiten des Betroffenen aufgelistet (z.B. die Erkundigungspflicht, Rn. 22, oder die Vorsorge bei schwierigen Verkehrsverhältnissen, Rn. 34). Erfreulich knapp und dennoch gut sortiert und wertend zusammengefasst wurde die Debatte um die Blutprobenentnahme nach § 81a StPO (dort Rn. 19 ff.). Genauso positiv hervorzuheben, da der Kommentar keinen verkehrsrechtlichen Schwerpunkt hat, ist die Rezeption der aktuellen Rechtsprechung zu § 111a StPO bei der Bestimmung des Ermessens des anordnenden Gerichts (dort Rn. 6-9). Des Weiteren gefällt die Zusammenstellung von Fallgruppen und Einzelfällen der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO (dort Rn. 13 ff.), aus der sich sowohl Gerichte als auch Verteidiger passabel mit Argumentation und Fundstellen versorgen können. Wünschenswert wäre bei der Diskussion um die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes im Zwischenverfahren (§ 203, Rn. 3) der Hinweis, dass die Erfolgschancen einer Nichteröffnung des Hauptverfahrens wegen einer in dubio-Prognose für die Hauptverhandlung nur marginal sind, denn wenn man die vorliegende Kommentierung liest, könnte man sich ein falsches Bild im Vergleich zur tatsächlichen Spruchpraxis vieler Beschwerdekammern machen. Generell gut herausgearbeitet werden die Verknüpfungen zwischen Strafverfahrensrecht und „moderner“ Technik. Dies ist nicht nur bei den Normen zur Videovernehmung ersichtlich (z.B. § 58a, Rn. 13 Vernichtungspflicht; Rn. 15 Weitergabeverbot; § 247a, tatsächliche Durchführung der Vernehmung, Rn. 11 ff.), sondern auch bei den ermittlungsrichterlichen Maßnahmen §§ 100a ff. StPO. Hier findet man sowohl die notwendigen einleitenden Erläuterungen zu grundrechtlichen Fragen (§ 100a, Rn. 1 ff.), aber auch zu rechtspolitischen Problemen (§ 100c, Rn. 5 zur Praxis der Wohnraumüberwachung). Letzteres setzt sich etwa fort in späteren Normen zur Auskunftserteilung (vor §§ 474 ff., Rn. 9). Dazu kommen die Diskussionen aus der Praxis, etwa um Verwertungsverbote (§ 100a, Rn. 39 ff.), aber auch schlicht technische Passagen (§ 100g, Rn. 9 zur Funkzellenabfrage; §100i, Rn. 1, IMSI-Catcher). Im Beweisantragsrecht gefällt sie pragmatische Unterscheidung nach Beweisanträgen mit der ausführlichen Kommentierung eines Zeugen-Beweisantrags (§ 244, Rn. 20 ff.). Auch hier können Gerichte wie Verteidiger zahlreiche Informationen für die eigene Praxis herausfiltern und ggf. die eigene Argumentation kritisch hinterfragen bzw. absichern. Ebenfalls praktisch höchst relevant und gut nutzbar sind die Erläuterungen zum Ausbleiben des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren (§ 412, Rn. 7 ff.) mit sorgfältiger Wiedergabe der Vorgaben zum Entschuldigtsein. Zuletzt empfehlen möchte ich die gelungene Zusammenfassung der Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 467 Abs. 4 StPO als Ermessensentscheidung des Gerichts, wo diverse Kriterien aufgeführt sind, die für eine Kostenbeschwerde nützlich sein können (Rn. 6 ff.). Insgesamt kann ich die Arbeit mit diesem Kommentar mit Nachdruck empfehlen. Die Erläuterungen sind zum einen ausführlich, zum anderen nach praktischen Kriterien ausgerichtet, sodass die Nutzung als Erstzugriff, aber noch mehr als Komplementärwerk erfolgen kann, um der eigenen Argumentation die nötige Substanz und Differenzierung zu geben.

Bald 2900 Seiten machen den Heidelberger Kommentar zur StPO zu einem beachtlichen und auch gewichtigen Begleiter in der täglichen strafrechtlichen Praxis. Die nun erfolgte Hinzunahme ausgesuchter GVG-Vorschriften in die Kommentierung ist ein wichtiger Baustein, um gegen Konkurrenzwerke zu bestehen - immerhin findet man etwa im Meyer-Goßner nicht nur das GVG, sondern auch noch das StrEG oder die EMRK (u.a.). Letztere ist im vorliegenden Kommentar immerhin an passender Stelle in den Kommentierungen ausführlich erwähnt (vgl. nur § 136a, Rn. 10 ff.).

weitere Rezensionen von Dr. Benjamin Krenberger


Das Bearbeiterteam ist weiterhin breit gefächert und ausgewogen und besteht aus Autoren der Justiz, der Wissenschaft und der Anwaltschaft. Seit der letzten Auflage vor drei Jahren sind nicht nur zahlreiche neue Entscheidungen ergangen, die eingepflegt werden mussten, sondern gerade die StPO war mit Neuerungen im Untersuchungshaftrecht und bei Opferschutznormen einem durchaus merkbaren Wandel unterworfen, den die Autoren entsprechend abgebildet haben. Gleiches gilt für die Normen der Verfahrensabsprache, die mittlerweile in der Rechtsprechung eine wesentlich restriktivere Auslegung als ursprünglich erwartet erfahren haben (schön z.B. die Darstellung der Grenzen und Folgen der Absprache im Zwischenverfahren, § 202a, Rn. 9 ff.).

Die Gestaltung des Kommentars ist akzeptabel, wenngleich die Lektüre durch äußere Umstände ein wenig erschwert wird: die Seiten sind, der Stoffmenge geschuldet, recht dünn, sodass die Schrift beim Lesen als dunkler Schatten oder Balken durchscheint. Man gewöhnt sich daran, aber optimal ist das technisch nicht gelöst. Die Texte an sich sind aber gut gegliedert und mit Hervorhebungen versehen. Einen echten Fußnotenapparat gibt es aber nicht, die Verweise werden leseunfreundlich in den Text hineinplatziert. Komfortabel wäre es, wenn in den jeweiligen Unterabschnitten zu Anträgen und Rechtsbehelfen neben den theoretischen Ausführungen auch Antragsvorschläge oder Tenorierungsbeispiele stünden. Ansatzweise geschieht das bei § 344 StPO bei der Sachrüge, aber im Übrigen besteht hier definitiv Luft nach oben, z.B. durch Beigabe einer CD-Rom, wenn denn schon neuerdings die AnwaltFormulare Strafrecht auch im C.F. Müller-Verlag erscheinen.

Aus den Kommentierungen sollen nunmehr einige Normen herausgegriffen werden, denn an der guten Nutzbarkeit und veritablen Tiefe der Ausführungen in diesem Kommentar bestehen natürlich keine Zweifel.

Lesenswert erscheinen mir zunächst die Ausführungen zum Verschulden beim Wiedereinsetzungsantrag (§ 44, Rn. 15 ff.). Hier werden nicht nur die Versäumnisse der Behörde bzw. des Verteidigers aufgeführt, sondern auch die Obliegenheiten des Betroffenen aufgelistet (z.B. die Erkundigungspflicht, Rn. 22, oder die Vorsorge bei schwierigen Verkehrsverhältnissen, Rn. 34). Erfreulich knapp und dennoch gut sortiert und wertend zusammengefasst wurde die Debatte um die Blutprobenentnahme nach § 81a StPO (dort Rn. 19 ff.). Genauso positiv hervorzuheben, da der Kommentar keinen verkehrsrechtlichen Schwerpunkt hat, ist die Rezeption der aktuellen Rechtsprechung zu § 111a StPO bei der Bestimmung des Ermessens des anordnenden Gerichts (dort Rn. 6-9). Des Weiteren gefällt die Zusammenstellung von Fallgruppen und Einzelfällen der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO (dort Rn. 13 ff.), aus der sich sowohl Gerichte als auch Verteidiger passabel mit Argumentation und Fundstellen versorgen können. Wünschenswert wäre bei der Diskussion um die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes im Zwischenverfahren (§ 203, Rn. 3) der Hinweis, dass die Erfolgschancen einer Nichteröffnung des Hauptverfahrens wegen einer in dubio-Prognose für die Hauptverhandlung nur marginal sind, denn wenn man die vorliegende Kommentierung liest, könnte man sich ein falsches Bild im Vergleich zur tatsächlichen Spruchpraxis vieler Beschwerdekammern machen.

Generell gut herausgearbeitet werden die Verknüpfungen zwischen Strafverfahrensrecht und „moderner“ Technik. Dies ist nicht nur bei den Normen zur Videovernehmung ersichtlich (z.B. § 58a, Rn. 13 Vernichtungspflicht; Rn. 15 Weitergabeverbot; § 247a, tatsächliche Durchführung der Vernehmung, Rn. 11 ff.), sondern auch bei den ermittlungsrichterlichen Maßnahmen §§ 100a ff. StPO. Hier findet man sowohl die notwendigen einleitenden Erläuterungen zu grundrechtlichen Fragen (§ 100a, Rn. 1 ff.), aber auch zu rechtspolitischen Problemen (§ 100c, Rn. 5 zur Praxis der Wohnraumüberwachung). Letzteres setzt sich etwa fort in späteren Normen zur Auskunftserteilung (vor §§ 474 ff., Rn. 9). Dazu kommen die Diskussionen aus der Praxis, etwa um Verwertungsverbote (§ 100a, Rn. 39 ff.), aber auch schlicht technische Passagen (§ 100g, Rn. 9 zur Funkzellenabfrage; §100i, Rn. 1, IMSI-Catcher).

Im Beweisantragsrecht gefällt sie pragmatische Unterscheidung nach Beweisanträgen mit der ausführlichen Kommentierung eines Zeugen-Beweisantrags (§ 244, Rn. 20 ff.). Auch hier können Gerichte wie Verteidiger zahlreiche Informationen für die eigene Praxis herausfiltern und ggf. die eigene Argumentation kritisch hinterfragen bzw. absichern. Ebenfalls praktisch höchst relevant und gut nutzbar sind die Erläuterungen zum Ausbleiben des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren (§ 412, Rn. 7 ff.) mit sorgfältiger Wiedergabe der Vorgaben zum Entschuldigtsein. Zuletzt empfehlen möchte ich die gelungene Zusammenfassung der Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 467 Abs. 4 StPO als Ermessensentscheidung des Gerichts, wo diverse Kriterien aufgeführt sind, die für eine Kostenbeschwerde nützlich sein können (Rn. 6 ff.).

Insgesamt kann ich die Arbeit mit diesem Kommentar mit Nachdruck empfehlen. Die Erläuterungen sind zum einen ausführlich, zum anderen nach praktischen Kriterien ausgerichtet, sodass die Nutzung als Erstzugriff, aber noch mehr als Komplementärwerk erfolgen kann, um der eigenen Argumentation die nötige Substanz und Differenzierung zu geben.

geschrieben am 11.12.2012 | 802 Wörter | 5096 Zeichen

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