ISBN | 3865523536 | |
Autor | Robert R. McCammon | |
Verlag | Festa Verlag | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 450 | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Extras | - |
Das erste Wort, das mir zu diesem Roman einfĂ€llt, ist âoldschoolâ. Das Buch ist zwar in Deutschland erst auf den Markt gekommen, ursprĂŒnglich war es aber bereits 1987 erschienen. Und genauso liest es sich auch: wir waten knietief in den Achtzigern. Der kalte Krieg ist zu einem heiĂen Krieg eskaliert, es gibt rote Knöpfe und Raketensilos, USA und UdSSR fĂŒhren den Dritten Weltkrieg herbei. Wer angefangen hat, weiĂ keiner mehr, auch nicht warum, spielt aber alles keine Rolle. Die Atombomben fallen und die beiden LĂ€nder löschen sich gegenseitig aus und schicken damit die ganze Welt ins Verderben.
Abermillionen von Menschen sterben augenblicklich, viele Millionen innerhalb der nĂ€chsten paar Tage. Der thermonukleare Winter setzt ein und der radioaktive Fallout hĂŒllt den Planeten in eine dichte Todesdecke ein. Die Temperaturen stĂŒrzen ins Bodenlose, da die Sonne nicht mehr durch den aufgewirbelten Staub in der AtmosphĂ€re dringen kann. Alle Ressourcen und Lebensquellen sind vernichtet.
Durch dieses postapokalyptische Szenario schickt Autor Robert McCammon eine Handvoll Ăberlebender: die neunjĂ€hrige Sue Wanda, von allen Swan genannt, trifft irgendwo im Mittleren Westen Amerikas zufĂ€llig auf den schwarzen Profiwrestler Josh, der sie fortan beschĂŒtzt, obgleich nicht klar ist, wer hier auf wen aufpasst. Swan verfĂŒgt ĂŒber eine auĂergewöhnliche Gabe, die der restlichen Menschheit unvermutet Hoffnung geben kann: wo auch immer sie sich aufhĂ€lt, ermöglicht sie auf magische Weise natĂŒrliches Wachstum, so dass Pflanzen zu neuem Leben erwachen können.
Da ist âSister Creepâ, eine hartgesottene und willensstarke Obdachlose um die Sechzig, die Visionen von Swan hat und weiĂ, dass sie das MĂ€dchen finden muss, um ihr zu helfen. Begleitet wird sie von Artie, einem alten Mann, den sie unterwegs im völlig verwĂŒsteten New York City trifft. Sister Creep hat in den TrĂŒmmern von TiffanyÂŽs einen aus Edelsteinen und geschmolzenem Glas bestehenden Ring gefunden, der ebenfalls ĂŒber magische KrĂ€fte verfĂŒgt, pulsiert und leuchtet, Visionen teilt und Menschen das Gute erkennen und fĂŒhlen lĂ€sst.
Und da ist Roland Croninger, ein Junge von 13 Jahren, der mit seinen Eltern in einem MilitĂ€rgelĂ€nde namens Earth House unter Leitung von Colonel Macklin Zuflucht findet. Dieses wird aber beim Atomschlag völlig zerstört. Roland ĂŒberlebt und flĂŒchtet sich in die Phantasiewelt seines favorisierten Computerspiels und sieht sich fortan als âRitter des Königsâ und mutiert zum intelligenten, aber ebenso furchtlosen und brutalen Vasallen des durchgeknallten Colonels. Roland verliert jeden RealitĂ€tssinn und tötet seinen eigenen Vater. Fortan zieht das infernalische Duo Roland/Colonel durch die WĂŒste und baut sich eine brutale Armee zusammen. Roland wird Swans Gegenpart.
Und schlieĂlich wandelt ein vielgesichtiger DĂ€mon auf Erden, der den magischen Glasring, Sister Creep und Swan zerstören und die verbliebene Menschheit endgĂŒltig vernichten will.
So viel zum Setting.
Der Roman ist nur der erste Band eines Zweiteilers und endet daher recht unvermittelt, das muss man wissen, die ErzĂ€hlung wird fortgesetzt. Die Kapitel sind nicht allzu lang und das Buch lĂ€sst sich zĂŒgig lesen. Zwischen den einzelnen Handlungsabschnitten wird gekonnt gewechselt, viele Kapitel enden mit einem kleinen Cliffhanger, so dass keine Langeweile aufkommt. Die einzige Person, die aber wirklich Tiefe entwickelt, jedenfalls in diesem ersten Band, ist Sister Creep. Vielleicht verschiebt sich dieser Fokus noch im Laufe des zweiten Teils, denn die titelgebende Swan spielt noch eine recht untergeordnete Rolle und sie entdeckt ihre FĂ€higkeiten erst.
Roland und der Colonel sind auch ganz deutlich definiert und zeichnen sich beide durch planvollen Wahnsinn und Menschenverachtung aus, eine wirklich psychologische Tiefe erfahren sie jedoch nicht, abgesehen davon, dass der Colonel stĂ€ndig einen âSchattensoldatenâ sieht und mit diesem GesprĂ€che fĂŒhrt, die letztlich SelbstgesprĂ€che sind.
Das Ganze erinnert stark an âDas letzte Gefechtâ (âThe Standâ) von Stephen King, ohne dessen menschliche und mystische Tiefe und erzĂ€hlerische Wucht zu erreichen. Roland und der Colonel sind grausam und völlig durchgeknallt, folgen aber einem streng organisierten Ăberlebensplan. Sie schrecken nicht davor zurĂŒck, selbst SĂ€uglinge zu töten. Am Ende werfen sie sich in Naziuniformen (sic!), sortieren gnadenlos die Entstellten und Verbrannten aus (unwertes, demoralisierendes Leben) und fĂŒhren Massenexekutionen durch. Das hĂ€tte es nicht gebraucht und man fragt sich als Leser zu Recht: was soll das? Und ob das alles logisch und vor allem glaubwĂŒrdig ist, dahinter darf man gerne ein groĂes Fragezeichen setzen. Roland hat gerade den Einsturz des Bergbollwerks ĂŒberlebt und schon ist er dermaĂen in seinem Wahn, dass er dem eigenen Vater den Kopf wegschieĂt und seinen Eltern keine TrĂ€ne nachweint? Und wenn man schon einen derart verkommenen und brutalen, gewissenlosen Gegenpart wie Roland und den Colonel entworfen hat, wozu braucht es dann noch eines wandelnden DĂ€mons, der den Tod als phantastisches Element verkörpern soll? Das wirkt so als hĂ€tte sich der Autor nicht entscheiden können. Insgesamt passiert an relevanter Handlung gar nicht so viel, wie der Seitenumfang vermuten lĂ€sst. Die einzigen, die wirklich nennenswerte Fortschritte machen, sind Roland und der Colonel. Das Gute konnte sich bisher noch nicht so richtig auszeichnen.
Insgesamt kein schlechtes Buch, aber auch kein wirklich gutes. Die ErzĂ€hlung ist nur bedingt ein âEndzeitszenarioâ. Dieses bildet lediglich die Kulisse fĂŒr die Story. Im Vordergrund steht der alte Kampf zwischen Gut und Böse, die letzte Entscheidungsschlacht um die Menschheit. Das ist nicht neu, macht aber nichts, denn man kann das ja auf verschiedene Art und Weise erzĂ€hlen. Man hat sowas aber auch schon epischer, intensiver und ausdrucksstĂ€rker gelesen als hier. Ein ordentlicher Horrorroman mit phantastischen Elementen und einem wahrhaft bösen Bösen. Trotzdem fehlt das gewisse Etwas.
geschrieben am 26.10.2016 | 880 Wörter | 5227 Zeichen
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